Der CDU-Chef über die Neu­aus­rich­tung der Rats­frak­ti­on und die The­men, die um­ge­setzt wer­den sol­len.

Herr Kai­ser, ist der Kom­mu­nal­wahl-Schock bei der CDU schon über­wun­den?

WOLF­GANG KAI­SER | Ja, das ist er. Ei­ne Nie­der­la­ge muss im­mer erst mal ver­daut wer­den. Aber über die­sen Punkt sind wir jetzt hin­aus, der Blick ist nach vor­ne ge­rich­tet.

Und nun?

KAI­SER | Wir ge­ben na­tür­lich Gas. Die Frak­ti­on hat sich neu auf­ge­stellt. Wir ha­ben er­fah­re­ne Mit­glie­der als Fach­aus­schuss-Vor­sit­zen­de po­si­tio­nie­ren kön­nen. Und von un­se­ren jun­gen Rats­mit­glie­dern ver­spre­che ich mir neue Im­pul­se.

Wel­che?

KAI­SER | Nur bei­spiel­haft: Wir ha­ben jun­ge El­tern in un­se­ren Rei­hen, die Kin­der in Ki­tas und Schu­len ha­ben und sich in die­sem Seg­ment be­we­gen. Da wird es In­put ge­ben. Auch ein Wirt­schafts­prü­fer ge­hört nun zur Frak­ti­on, der bei den The­men Struk­tur­wan­del und Fi­nan­zen ei­ne fes­te Grö­ße sein wird. Ge­ne­rell: Die Mi­schung von neu­en und er­fah­re­nen Frak­ti­ons­mit­glie­dern stimmt. Ich bin gu­ter Din­ge, dass wir ge­mein­sam un­se­re Zie­le er­rei­chen wer­den.

Wel­che Feh­ler wur­den in der Ver­gan­gen­heit ge­macht?

KAI­SER | Ich glau­be nach wie vor fest dar­an, dass die CDU-Frak­ti­on in den ver­gan­ge­nen sechs Jah­ren ei­ne sau­be­re Ar­beit ge­macht und gu­te An­trä­ge ge­stellt hat, vie­les wur­de – auch mit Un­ter­stüt­zung von UWG und FDP – um­ge­setzt. Nur die In­hal­te, die ge­setzt wur­den, konn­ten letzt­lich die Wahl nicht be­ein­flus­sen. Da­für gab es an­de­re Grün­de. Dar­an ar­bei­ten wir – auch in­dem Im­pul­se und Ide­en, die von au­ßen kom­men, mit­auf­ge­nom­men wer­den.

Was wer­den die wich­tigs­ten CDU-The­men sein?

KAI­SER | Ne­ben dem Aus­bau der Kin­der­be­treu­ung und des Of­fe­nen Ganz­tags steht die Di­gi­ta­li­sie­rung der Schu­len ganz oben auf un­se­rer Lis­te. Wir sind in Gre­ven­broich auf ei­nem gu­ten Weg, aber es muss bes­ser wer­den – noch hat nicht je­de Schu­le ei­nen Breit­band­an­schluss, noch ist nicht je­der Schü­ler mit ei­nem iPad aus­ge­rüs­tet. Für uns ge­nießt das der­zeit ei­ne ho­he Prio­ri­tät. Als wir das The­ma vor Co­ro­na for­ciert ha­ben, sind wir im Rat be­lä­chelt wor­den. Nach dem ers­ten Lock­down hat nie­mand mehr ge­lacht. Je­der hat mitt­ler­wei­le ka­piert, dass es oh­ne Di­gi­tia­li­sie­rung nicht geht. Aber auch Be­rei­che wie den Schutz und die Ent­wick­lung un­se­rer Grün­zo­nen un­ter Ein­bin­dung der städ­ti­schen Le­bens­räu­me wol­len wir for­cie­ren. Zeit­nah wer­den wir uns den The­men des Feu­er­schut­zes wid­men.

Das klingt jetzt nicht nach ei­ner „Fun­da­men­tal-Op­po­si­ti­on“. Di­gi­ta­le Schu­len wol­len doch jetzt al­le, oder?

KAI­SER | Um das deut­lich zu ma­chen: Uns geht es aus­schließ­lich um In­hal­te – auch um die, die von an­de­ren Frak­tio­nen ein­ge­bracht wer­den…wenn sie denn gut sind. Soll­te das Bünd­nis aus SPD, Grü­nen und Mein Gre­ven­broich aber zur Um­set­zung von An­trä­gen aus ideo­lo­gi­schen Grün­den oder auch grund­sätz­lich et­wa die Grund- oder die Ge­wer­be­steu­er er­hö­hen wol­len, wird es mit uns Är­ger ge­ben. Nichts soll zu Las­ten der Bür­ger oder der Wirt­schaft ge­hen.

Wo­bei wir jetzt beim un­aus­weich­li­chen The­ma Struk­tur­wan­del wä­ren. Wie se­hen Sie die La­ge?

KAI­SER | Der Struk­tur­wan­del ist das Schlag­wort je­der Par­tei. Aber nur ein Schlag­wort, nicht mehr. Ich will Er­fol­ge für die Stadt her­aus­ho­len, das ist mein Ziel. Es muss end­lich et­was um­ge­setzt wer­den. Da­für brau­chen wir aber ei­ne ver­nünf­ti­ge An­sied­lungs­stra­te­gie zur Ver­bes­se­rung der städ­ti­schen Ein­nah­me­sei­te, ei­ne star­ke Wirt­schafts­för­de­rung und vor al­lem auch den In­put von ex­ter­nen Fach­leu­ten. Wir kön­nen nicht im ei­ge­nen Saft schmo­ren. Das bringt nichts. Die Po­ten­tia­le der Kraft­werks­stand­or­te müs­sen zum Bei­spiel schnellst­mög­lich auf den Weg ge­bracht wer­den.

Was will die CDU für jun­ge Fa­mi­li­en in Gre­ven­broich tun?

KAI­SER | Wir set­zen uns wei­ter­hin für den Er­halt und Aus­bau der wohn­ort­na­hen Grund­schu­len ein, wol­len den Bau neu­er Ki­tas för­dern. Wir wer­den uns aber auch mit ge­ne­ra­ti­ons­über­grei­fen­den Pro­jek­ten be­schäf­ti­gen. Zum Bei­spiel mit at­trak­ti­ven Wohn­sied­lun­gen, in de­nen Alt und Jung ge­mein­sam le­ben sol­len. Un­se­re Stadt wird künf­tig nicht mehr der In­dus­trie­stand­ort sein, den sie vie­le Jahr­zehn­te lang war. Da­her gilt es, ne­ben den Ar­beits­plät­zen Gre­ven­broich auch als Wohn­stand­ort im Grü­nen in­ter­es­sant zu ma­chen.

Dem­nächst wird das Mo­bi­li­täts­gut­ach­ten in Auf­trag ge­ge­ben. Was er­war­ten Sie da­von?

KAI­SER | Dass wir es end­lich ein­mal schaf­fen, in un­se­rer de­zen­tra­len Stadt ei­nen ver­nünf­ti­gen ÖPNV hin­zu­be­kom­men. Ein Bei­spiel: Bis heu­te ist es nicht ge­lun­gen, ei­ne durch­ge­hen­de, gut ge­tak­te­te Bus­ver­bin­dung von Neu­kir­chen nach Gre­ven­broich hin­zu­be­kom­men. Das ist ein Un­ding. Wie sol­len die Neu­kir­che­ner auf der Brei­te Stra­ße ein­kau­fen, wenn sie dort nicht hin­kom­men? Wir soll­ten erst mal klei­ne Schrit­te wie die­sen schaf­fen. Par­al­lel sind das Rad­we­ge­netz und der S-Bahn-Aus­bau im Fo­kus.

2020 war für Gre­ven­broich ein ver­lo­re­nes Jahr. Wie se­hen Sie das?

KAI­SER | Da stim­me ich zu. 2020 war ein Jahr des Still­stan­des, al­lei­ne schon we­gen des Wahl­kampfs, der gut vier bis sechs Mo­na­te be­an­spruch­te. Und Co­ro­na kam oben­drauf. Das darf 2021 so nicht wei­ter­ge­hen, trotz der Pan­de­mie. Da­für muss auch der Bür­ger­meis­ter sor­gen. Er muss die The­men­be­rei­che so aus­ge­stal­ten, dass die Po­li­tik in den Aus­schüs­sen wie­der ans Ar­bei­ten kommt.

Sie wer­den Ih­ren Pos­ten als Vor­sit­zen­der der Stadt­par­tei auf­ge­ben, das ha­ben Sie nach der ver­lo­re­nen Wahl an­ge­kün­digt. Bald ist es so­weit – ist da auch ein wei­nen­des Au­ge da­bei?

KAI­SER | Na­tür­lich. Das Amt hat mir Spaß ge­macht. Es ist aber nicht nur die Wahl­nie­der­la­ge, die mich zu die­sem Ent­schluss ge­bracht hat. Ich bin in der Bau­bran­che tä­tig, füh­re ein Bü­ro und schaf­fe die Dop­pel­be­las­tung aus zeit­li­chen Grün­den nicht mehr. Die Frak­ti­on wer­de ich aber mit vol­ler Kraft wei­ter­hin füh­ren – und da­für ha­be ich ei­ne 100-pro­zen­ti­ge Rü­cken­de­ckung.

Hei­ke Tro­les gilt als Ih­re Nach­fol­ge­rin. Ei­ne gu­te Wahl?

KAI­SER | Ja, sie ist ei­ne be­ken­nen­de CDU-Frau, sehr en­ga­giert und sie hat im­mer den Bür­ger im Blick.

Was er­war­ten Sie von ihr?

KAI­SER | Ich ha­be mich in den ver­gan­ge­nen Jah­ren auf in­halt­li­che The­men kon­zen­triert. Ich kann mir vor­stel­len, dass Hei­ke Tro­les ihr Au­gen­merk mehr auf die ei­gent­li­che Par­tei­ar­beit le­gen wird, auch um neue Leu­te für die Uni­on zu ge­win­nen.

De­ren Zah­len in Gre­ven­broich rück­läu­fig sind?

KAI­SER | Au­ßer den Grü­nen ver­lie­ren al­le grö­ße­ren Par­tei­en zur­zeit Mit­glie­der, was auch et­was mit dem Al­ters­stand zu tun hat. Zur­zeit ha­ben knapp 500 Gre­ven­broi­cher das CDU-Par­tei­buch in der Ta­sche. Ich den­ke, dass es bald schon wie­der mehr sein könn­ten. Wir ha­ben ei­nen Punkt er­reicht, an dem wir ver­stärkt wie­der jun­ge Leu­te in die Par­tei be­kom­men.

Wil­jo Piel führ­te das Ge­spräch.

 

(Quelle: https://rp-epaper.s4p-iapps.com/webreader-v3/index.html#/1016161/24-25)