Haushaltsrede der CDU-Fraktion zum Haushalt 2023 
für den Rat am 8.12.2022

(Es gilt das gesprochene Wort.)

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Krützen,
verehrte Ratskolleginnen und -kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren.

Meine heutige Haushaltsrede wird anders als die früheren Reden. Manche werden jetzt hoffen, sie wird kürzer.
Beginnen möchte ich mit den Dankesworten.

Danke an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung, nicht nur denjenigen die den Haushalt aufgestellt haben, sondern auch grundsätzlich allen die auch sonst unterjährig ihre Arbeiten geleistet haben. Hierin beziehe ich den Bürgermeister als Verwaltungschef ein.
Danke an einen Großteil von Kolleginnen und Kollegen im Rat, die mit uns kollegial auf Augenhöhe diskutiert haben.
Danke an alle Bürgerinnen und Bürger, die sich überhaupt noch für Politik interes-sieren und sich objektiv ihr eigenes Meinungsbild verschaffen.
Danke an Alle, die nicht jede Sozial-Media-Meldung im Stile eines Donald Trump, ohne sie zu hinterfragen, glauben.
Nun möchte ich von den Dankesworten zu den kritischen Worten wechseln.

Heute möchte ich nicht, wie üblich, mit Zahlen und polemischen Sprüchen aufwarten,
heute möchte ich sehr allgemein bleiben und zum Nachdenken anregen.
In den letzten Monaten habe ich mir sehr oft Gedanken über die Grevenbroicher
Politik gemacht. Warum? Weil viele meiner Kolleginnen und Kollegen hinter verschlossenen
Türen Meinungen äußerten, die mich persönlich nachdenklich gemacht
haben.

„Das Handeln vom politischen Gegner oder Teilen der Verwaltung gleicht dem Stil
einer Gutsherrenart.“

Ja, es ist etwas Wahres daran, so empfinde auch ich es.
Der Umgang von Teilen des Bündnisses oder Teilen der Verwaltung mit den anderen
Fraktionen, zumindest mit der CDU-Fraktion, ist auf dem Tiefpunkt angekommen.
Die Stimmung ist schlecht!

Jetzt werden wieder viele aufschreien und von den schlechten Wahlverlierern oder
den beleidigten Leberwürsten reden, aber Fakt ist, dass in den mir persönlich bekannten
Jahren von 2009 bis 2020 natürlich auch in der Sache gestritten wurde,
aber grundsätzlich allen bewusst war, dass man auf dieser niedrigen Stufe der kommunalen
Politik viele Dinge gemeinsam für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt
Grevenbroich machen sollte. Die teils durch Gestik und Mimik in den diversen Sitzungen
erkennbaren Meinungsbilder oder auch ideologischen Sichtweisen sind
nach meiner Auffassung eher für die große Politik im Land oder Bund geeignet.

Hier in unserer Stadt Grevenbroich wollen wir alle ausreichende KITA- oder OGSPlätze,
funktionierende und schöne Sportanlagen mit Duschen, in denen man auch
freiwillig duschen geht, oder auch ein Hallenbad für unsere Kinder oder auch für
uns selbst. Wir alle wollen unseren Kindern und Jugendlichen ein sorgenfreies Dasein
und eine gute Bildung ermöglichen, u.v.m.

Das „S“ für Sozial gibt es im Namen der CDU nicht, aber deswegen sind wir in den
Sachen nicht unsozial unterwegs. Dies ist durch eine Vielzahl von Anträgen jederzeit
zu belegen!
Arbeitsplätze und Gewerbesteuern haben auch etwas mit guten Rahmenbedingungen
zu tun, auch wenn unsere Region und Stadt hart vom Strukturwandel getroffen
wird.

Das ist für mich auch das Stichwort.

Warum wird beim Strukturwandel kein gemeinsames Spiel gespielt? Der Informa-tionsfluss ist sehr dürftig und oftmals auch einseitig.
So müssen wir uns als politischer Gegner die Informationen bspw. aus der Nachbarstadt Jüchen, beim Rhein-Kreis Neuss oder direkt in Düsseldorf im Ministerium holen. Schade!

Anscheinend haben noch nicht alle verstanden, dass der Strukturwandel kein Grevenbroicher Problem, sondern eine übergreifende regionale Herausforderung ist.

Das alles hat auch etwas mit wirtschaftlichem Denken zu tun, auch wenn das „L“ für Liberal ebenfalls nicht in unserem Namen steht.
Wir haben extra eine eigene Gesellschaft für Wirtschaftsförderung und Stadtmar-keting gegründet, diese Vorgehensweise haben wir zu 100% unterstützt.
Sicherlich ist aller Anfang schwer, aber in mir erweckt es aktuell den Eindruck, dass man dieser Gesellschaft auch ausschließlich den Namen Stadtmarketing hätte ge-ben können. Hier ist noch viel Arbeit zu erkennen und Luft nach oben, verständlicherweise wird auch von uns das Personalbeschaffungsproblem in der Wirtschaftsförderung erkannt.

Und wo ich gerade einmal dabei bin, wir haben auch kein „G“ im Namen. Ich gebe gerne zu, dass die Partei Bündnis 90 / Die Grünen im klassischen „grünen Denken und Handeln“ als Vorreiter genannt werden muss. Aber verdammt noch mal, wer glaubt denn ernsthaft, dass alle anderen und eine CDU die Notwendigkeiten des Handelns am Beispiel des Klimaschutzes nicht sehen würden. Auch in Grevenbroich kann ich jedem nur sagen, dass er die vielen Anträge der CDU aus den letzten Jahren lesen sollte, oftmals wurden diese von meinem „grünen“ Kollegen Ralf Cremers gepusht.
Beispielhaft nenne ich hier nur die Themen Dach- und Fassadenbegrünung, Grünflächen im Allgemeinen, Vorgärten, Maßnahmen entlang der Erft, Grünes Band, u.v.m.
Ich könnte jetzt noch sehr viel mehr anführen, zum Beispiel zur Wohn- oder Gewer-bebebauung, zur Innenstadtplanung, zum Straßenzustand oder zur Mobilität, aber ich belasse es bei den vorgenannten Beispielen.

Wenn ich jetzt für mich resümieren soll, dann kommen mir die vielen Sprüche der letzten Zeit in den Sinn.
Und dabei ist der Tenor des Ratsbündnisses eindeutig:
„Die CDU Grevenbroich hat in den letzten Jahrzehnten alles falsch gemacht! Nur das aktuelle Ratsbündnis mit dem Bürgermeister Krützen machen alles richtig!“
Wer’s glaubt, möge seliggesprochen werden!!!
Mit dem zu erwartenden Shitstorm auf meine kritischen Worte muss ich nun rech-nen, aber ich versichere bereits jetzt, ein Ping-Pong Spiel wird es meinerseits nicht geben.

Als Ingenieur bin ich ein Mensch, der meistens geradlinig denkt und spricht und mit Zahlen, Daten und Fakten gut umgehen kann.
Letzteres jedoch, die Fakten, scheinen leider immer weniger Menschen zu interes-sieren. Habe ich in meinen letzten Haushaltsreden viele Fakten, konkrete Zahlen und Hintergründe aufgeführt, so beschränke ich mich dieses Mal auf wenige, aber wahre und wesentliche Zahlenbeispiele.
Alle übrigen Zahlen, Daten und Fakten können Sie in Kürze auf unserer CDU-Home-page oder auch auf der städtische Internetseite im Haushalt nachlesen.
Zum Haushalt 2023 (Entwurf) im Vergleich zum Ergebnis 2022:
Gerne beginne ich hier mit einem Zitat des Kämmerers Frank Möller aus seiner Rede zur Einbringung des Haushaltes:
„Die Aufrechterhaltung des Sanierungsplans mit einem signifikanten Überschuss in 2024, wie vom Gesetzgeber gefordert, war nur unter Inanspruchnahme der Bilan-zierungshilfe des Covid- und Ukraine- Isolierungsgesetzes möglich, ohne diese Vor-schrift hätte es nur marginale Überschüsse gegeben und auch nur deshalb, weil die Zuweisungen des Landes in 2023 sehr hoch ausfallen. …… Neben den Zuweisungen des Landes sind auf der Ertragsseite selbstverständlich die Gewerbesteuereinnah-men von besonderer Bedeutung.“
Trotz zusätzlicher Einnahmen von 47 Mio. €, davon Mehreinnahmen aus Steuern und Abgaben von 19 Mio. € und 28 Mio. € aus Zuwendungen und Umlagen (allein mit 26 Mio. € aus Schlüsselzuweisungen), konnte das Ergebnis der laufenden Ver-waltungstätigkeit lediglich um 15 Mio. € verbessert werden.

Insgesamt werden laut einer mir vom Kämmerer vorgelegten Liste mehr als
60 Mio. € an Zuwendungen und Umlagen für den Haushalt 2023 eingeplant!
Im Vergleich zum Vorjahr haben sich also keine Einsparungen ergeben, sondern Mehraufwendungen von über 27 Mio. €.
Das etatisierte Planergebnis von 8 Mio. € stellt eine Verbesserung von fast 11 Mio. € gegenüber dem Planjahr 2022 dar, gegenüber der Mittelfristplanung des vergan-genen Jahres stellt dies jedoch eine deutliche Verschlechterung von über 5 Mio. € dar.
Die negative Tendenz wird insbesondere auch mit Blick auf die Gesamtfinanzrech-nung untermauert: im letzten Haushalt ging man noch davon aus, dass man im Jahr 2023 einen Liquiditätsüberschuss von fast 145 Mio. € erzielen kann. Im Haushaltsentwurf 2023 wird jedoch für das Planjahr nunmehr eine Unterdeckung von mehr als 11 Mio. € etatisiert.

Von ungetrübt positiven Entwicklungen der Haushaltslage kann demnach nicht gesprochen werden; die Verbesserungen in der Ertragslage werden vielmehr genutzt, um das Aufwandsniveau der Stadt deutlich auszuweiten. Langfristig wird dies bei sich eintrübender Ertragslage (z.B. durch sich heute bereits abzeichnender, kon-junkturbedingt reduzierter Steuereinnahmen) zu neuerlichen Defizitrisiken führen.
Natürlich sind nicht alle Mehraufwendungen durch die Stadt veranlasst. Die Liste der externen Einflüsse ist lang: Covid, Zusammenbruch von Lieferketten, Krieg in der Ukraine und gestiegene Energiepreise, Inflation …

Daher ist es auch sehr wichtig, dass Land und Bund den Städten und Gemeinden weiterhin beistehen, mit Sicht auf die strukturellen Probleme aller Kommunen sollte es sich sogar dauerhaft noch verbessern, z. Bsp. beim KAG, Zuschüssen für KITAs und Schulen, etc.
Der Bürgermeister, die Verwaltung und auch die Politik haben nur einen begrenzten Einfluss auf Steuereinnahmen und keinen Einfluss auf Schlüsselzuweisungen oder Sonderposten im Bereich der außerordentlichen Erträge aus bspw. Corona.

Mit der CDU-Fraktion wird es in Grevenbroich auch keine weiteren Steuererhöhungen (z. Bsp. Grundsteuer B) geben.

Das Lob für den positiven Haushalt 2023 mit einem Plus von rund 8 Mio. € gebührt aber eben nicht in erster Linie dem Bürgermeister, der Verwaltung oder der Kom-munalpolitik. Gerettet wurden unsere Finanzen durch erheblich, und unplanmäßig, gestiegene Schlüsselzuweisungen durch das Land NRW.
Daher wird die CDU-Fraktion diesem Haushalt und dem Stellenplan zustimmen.

Damit bin ich bei meinem Schlusswort.

Meine kritische Sichtweise auf die aktuelle Lage und meine Wahrnehmung soll keinen, und schon gar nicht persönlich, beleidigen.
Sie soll aber zum Nachdenken anregen und aussagen, dass es nicht nur schwarz und weiß, nicht nur schlau und dumm, sondern eine Vielzahl von Standorten zur Betrachtung der Dinge gibt.

Und da wir aber ein „C“ in unserem Namen haben, wünsche ich Ihnen allen ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein gesundes und gutes neues Jahr.
Danke.

Wolfgang Kaiser
Fraktionsvorsitzender
CDU-Fraktion Grevenbroich